Auswirkungen der COVID-19 Pandemie auf die Inanspruchnahme der hausärztlichen Gesundheitsversorgung
Impact of the COVID-19 Pandemic on the Intensity of Health Services Use in General Practice: A Retrospective Cohort Study
Rachamin Y, Senn O, Streit S, Dubois J, Deml MJ, Jungo KT
Int J Public Health 2021;66:37
Hintergrund:
Das Ziel dieser Studie war es, die Auswirkungen des Shutdowns im Frühjahr 2020 auf die Inanspruchnahme von Gesundheitsdienstleistungen (Konsultationen, Monitoring von Diabetes und Bluthochdruck) in der Schweizer Hausarztmedizin zu untersuchen.
Methoden:
Basierend auf der FIRE Datenbank bildeten wir je eine Patientenkohorte für die Zeit von Januar bis Juni 2019 (Kontrollkohorte mit 173’523 Patienten) und ein für den gleichen Zeitraum im Jahr 2020 (179’086 Patienten). Wir verwendeten eine lineare Regression, um die wöchentliche Anzahl der Konsultationen sowie die Anzahl der Messungen von Blutdruck und glykiertem Hämoglobin (HbA1c) pro 100 Patienten zu modellieren und die Werte bei hypothetischem Ausbleiben eines Shutdowns im Jahr 2020 zu berechnen. Diese modellierten Werte wurden verglichen mit den tatsächlich beobachteten Konsultations- respektive Messraten im von Januar bis Juni 2020. Die Analysen wurden für ausgewählte COVID-19 Risikogruppen und verschiedene Altersgruppen wiederholt.
Ergebnisse:
Während des Shutdowns (Kalenderwochen 13-19, 2020) waren die wöchentlichen Konsultationszahlen niedriger als die Modelle (ohne Shutdown) vorhersagten. Die Anzahl Konsultationen verringerten sich um 17,2 % für die Gesamtpopulation der Hausarztpatient*innen, 16,5 % für Patient*innen mit Bluthochdruck, 17,5 % für Patient*innen mit Diabetes und 17,6 % für Patient*innen mit kardiovaskulären Erkrankungen. In den verschiedenen Altersgruppen reduzierte sich die Anzahl der Konsultationen um 15,7 % bei Patient*innen im Alter von <60 Jahren, um 20,4 % bei Patient*innen im Alter von 60-80 Jahren und um 14,5 % bei Patient*innen im Alter von >80 Jahren. Die Blutdruckmessraten verringerte sich um 35,3 % in der Gesamtpopulation und um 35,0 % bei Patient*innen mit Bluthochdruck. Die HbA1c-Messraten in der Gesamtpopulation reduzierten sich um 33,2 % und bei Patient*innen mit Diabetes um 29,8 %. Die p-Werte betrugen <0,001 für alle berichteten Schätzungen.
Schlussfolgerung:
Unsere Ergebnisse dokumentieren einen Rückgang der Konsultationszahlen und des Monitorings chronischer Krankheiten während des Shutdowns im Frühjahr 2020. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Gesundheitssysteme während der COVID-19-Pandemie weiterhin in der Lage sind, nicht-COVID-19-bezogene Gesundheitsversorgung zu leisten.