Die Auswirkungen der neuen europäischen Leitlinie für kardiovaskuläres Risikomanagement
The Impact of the 2019 European Guideline for Cardiovascular Risk Management: A Cross-Sectional Study in General Practice
Meier R, Rachamin Y, Rosemann T, Markun S
J Clin Med. 2020;9(7):2140
Hintergrund:
Im Jahr 2019 wurde die Leitlinie für das Management des kardiovaskulären Risikos der Europäischen Gesellschaft für Kardiologie (ESC) überarbeitet. Ziel dieser Studie war die Auswirkungen der neuen 2019er Leitlinie im Vergleich zum Vorgänger aus dem Jahr 2016 zu analysieren.
Methoden:
In dieser querschnittsorientierten retrospektiven Studie basierend auf der FIRE-Datenbank wurden 103 351 Patienten mit bekanntem kardiovaskulärem Risiko analysiert. Wir untersuchten die Änderungen, die durch die ESC-Leitlinie 2019 im Vergleich zu 2016 eingeführt wurden, und die entsprechenden Auswirkungen auf die Kohorte.
Ergebnisse:
Die kardiovaskuläre Risikokategorie änderte sich bei 27,5% der Patienten und die LDL-C-Zielwerte wurden bei 71,4% der Patienten gesenkt. Die LDL-C-Zielerreichungsrate sank von 31,1% auf 16,5%. Bei den Patienten, die den LDL-C Zielwert nicht erreichten, hatten 52,2% keine lipidsenkenden Medikamente und 41,5% konventionelle Medikamente mit submaximaler Intensität. Von den Patienten in der Kategorie mit hohem und sehr hohem kardiovaskulärem Risiko erreichten mindestens 5% den LDL-C-Zielwert trotz Behandlung mit konventionellen lipidsenkenden Medikamenten bei maximaler Intensität nicht, so dass sie für PCSK-9-Hemmer in Frage kämen.
Schlussfolgerung:
Die ESC-Leitlinie 2019 senkte die LDL-C-Zielwerte für die Mehrheit der Patienten in der Hausarztmedizin und halbierte die LDL-C-Zielerreichungsraten. Es besteht nach wie vor ein grosses unentwickeltes Potenzial zur Senkung des kardiovaskulären Risikos durch die Einführung konventioneller lipidsenkender Medikamente, insbesondere bei Patienten mit hohem oder sehr hohem kardiovaskulärem Risiko. Ein bedeutender Anteil dieser Patienten kann ihre LDL-C-Zielwerte nur mit PCSK-9-Inhibitoren erreichen, was gegenwärtig eine mindestens zehnfache Steigerung der Verschreibung dieser Medikamente erfordern würde.